Schenkungsvertrag

Schenkungs- und Überlassungsverträge

Inhaltsverzeichnis

A. Grundbegriffe

B. Motive und Fallgruppen

I. Vorweggenommene Erbfolge

II. Ehebedingte Zuwendung

III. Veräußerer mit Haftungsrisiken

IV. Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen

V. Versorgungsvertrag

C. Vertragsgegenstand

D. Gegenleistungen und Vorbehalte

E. Gesetzliche und vertragliche Rückforderungsrechte

F. Weichende Geschwister und Pflichtteilsrechte

G. Steuerrechtliche Hinweise


A. Grundbegriffe

Die Bezeichnung „Überlassung“ für die lebzeitige Übertragung von Grundbesitz, die im BGB selbst keine Verwendung findet, hat sich eingebürgert zur Umschreibung der lebzeitigen Übertragung von Vermögen (also nicht im Weg der gesetzlichen oder testamentarischen Erbfolge „von Todes wegen“) zu Bedingungen, die nicht wie unter fremden Dritten kaufmännisch ausgewogen sind (also nicht im Weg beispielsweise eines Kaufvertrags gegen Entgelt). Sie findet im Regelfall – jedoch nicht notwendigerweise – unter nahen Angehörigen statt, z. B. im Verhältnis zwischen Ehegatten oder zwischen Eltern und Kindern.

Die wirtschaftliche Lebensleistung einer Familie verkörpert sich regelmäßig in einer Immobilie, insbesondere im selbstgenutzten Eigenheim, oder beispielsweise in einer Eigentumswohnung zu Vermietungszwecken, die aus finanzieller Vorsorge für das Alter erworben wurde. Die Entscheidung, eine solche Immobilie bereits zu Lebzeiten zu übertragen, sollte daher wohlüberlegt getroffen sein. Die nachfolgenden Informationen sollen Ihnen hierbei Hilfestellungen geben und Ihnen zugleich einige Regelungsmöglichkeiten nahebringen, die im Rahmen von Überlassungsverträgen zum Schutz vor unerwarteten Entwicklungen aufgenommen werden können.

Die folgende kurze Übersicht kann natürlich die persönliche Beratung im Einzelfall nicht ersetzen, um den Besonderheiten Ihres Einzelfalls gerecht zu werden. Gerade bei Überlassungen gilt angesichts der Vielzahl zu berücksichtigender persönlicher, zivilrechtlicher, sozialrechtlicher und steuerrechtlicher Momente, dass maßgeschneiderte Einzellösungen erforderlich sind, die sicherstellen, dass alle Beteiligten – Veräußerer, Erwerber, dessen Geschwister etc. – mit der Übertragung selbst und ihrem Ergebnis auch Jahrzehnte später noch zufrieden sind. Scheuen Sie sich daher nicht, eine notarielle Beratung in Anspruch zu nehmen und auch nach Erhalt eines Vertragsentwurfs sowie während der Beurkundung Ihre Fragen zu stellen!

Die folgenden Erläuterungen gliedern sich in sechs Teile:

  • Teil B stellt die verschiedenen Anlässe einer Übertragung und die daraus entwickelten „Vertragstypen“ kurz dar.
  • Teil C enthält eine kurze Übersicht zu den möglichen Zuwendungsobjekten, insbesondere bezüglich der Abgrenzung von Grundstücks- bzw. Geldzuwendung.
  • Teil D widmet sich den vorbehaltenen bzw. versprochenen „Gegenleistungen“, seien sie auf Zahlung von Geldrenten, auf Naturalleistung (Versorgungspflichten) oder auf Duldung des weiteren Bewohnens oder der Ausübung eines Nießbrauchs gerichtet.
  • Teil E beschäftigt sich mit sog. „Verfügungssperren“, also dem regelmäßig vereinbarten Zustimmungsvorbehalt des Veräußerers bezüglich Belastungen, Veräußerungen oder Rückforderungsrechten für den Fall einer Scheidung, des Vorversterbens etc. In diesem Zusammenhang werden auch mögliche gesetzliche Rückforderungsrechte (z.B. wegen späterer Verarmung des Veräußerers bzw. infolge Heimunterbringung) erörtert.
  • Teil F beleuchtet einige Aspekte im Verhältnis zu weichenden Geschwistern und Pflichtteilsrechten (insbesondere Ausgleichspflichten, die Anrechnung auf den Pflichtteil des Erwerbers sowie gegenständlich beschränkte Pflichtteilsverzichte).
  • In Teil G werden einige wenige Hinweise auf die schenkungs- bzw. grunderwerbsteuerrechtlichen Aspekte sowie die einkommenssteuerrechtliche Behandlung gegeben, die jedoch eingehendere Konsultationen mit dem Steuerberater oder die Einholung einer verbindlichen Auskunft seitens des Finanzamts nicht ersetzen können.

Die Übertragung von Betriebsvermögen ist nicht Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen, obwohl die dort auftretenden Fragestellungen sich teilweise mit den hier behandelten decken.


B. Motive und Fallgruppen

Je nach den in erster Linie verfolgten Zielen einer Grundstücksübertragung – die sich häufig in Kombination nebeneinander finden – sind fünf besonders wichtige Fallgruppen zu unterscheiden:

I. Vorweggenommene Erbfolge

Im Sinn einer zeitlich gestaffelten Vermögensübertragung sollen die schenkungsteuerlichen Freibeträge (Euro 400.000 je Elternteil und Kind), die alle zehn Jahre erneut zur Verfügung stehen, mehrfach ausgenutzt werden. Häufig handelt es sich bei dem überlassenen Grundstück um das bisher und künftig selbst genutzte Eigenheim der Veräußerer, so dass die Beteiligten besonderes Augenmerk darauf legen, an den bisherigen Nutzungsverhältnissen und der bisherigen Lastentragung nichts zu ändern. Im Grund soll „nur der Name im Grundbuch ausgetauscht“ werden. Dies kann erreicht werden durch einen umfassenden Nießbrauchsvorbehalt der Veräußerer, gepaart mit schuldrechtlichen Verfügungsverboten (beides wird nachstehend erläutert).

Allerdings muss den Veräußerern deutlich werden, dass zwar der Erwerber (noch) nicht eigenmächtig über das Anwesen verfügen kann, allerdings auch die Veräußerer selbst dazu nicht mehr in der Lage sind, so dass z.B. ein Verkauf oder eine Beleihung (Eintragung von Grundpfandrechten) nur im Zusammenwirken von Veräußerer und Erwerber möglich sind.

Wenn mehrere Abkömmlinge vorhanden sind und das Anwesen nicht allen gemeinsam übertragen wird (als Miteigentümer oder in Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, damit künftige Quotenverschiebungen zwischen den Geschwistern grunderwerbsteuerfrei möglich sind), sondern ein Abkömmling das Anwesen allein übernehmen soll, ist zugleich das Verhältnis zu den „weichenden Geschwistern“ zu regeln.

II. Ehebedingte Zuwendung

Die sog. „ehebedingte Zuwendung“ soll zur Verwirklichung der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft „paritätische“ Eigentumsverhältnisse herstellen. Das Schenkungssteuerrecht privilegiert diese insofern, als die Übertragung eines selbstgenutzten „Familienheims“ (oder von Anteilen hieran) gänzlich steuerfrei gestellt wird, also auf den (immerhin 500.000,– Euro umfassenden) Freibetrag der Übertragung zwischen Ehegatten nicht angerechnet wird, und zwar ohne weitere einschränkende Voraussetzungen (im Falle der Vererbung muss der Witwer/die Witwe die betreffende Immobilie mindestens zehn Jahre selbst bewohnen, um Steuerfreiheit zu erlangen).

Entscheidendes (und nicht immer leicht zu lösendes) Regelungsthema in solchen Fällen ist das Schicksal der Zuwendung für den Fall einer Trennung oder Ehescheidung: Soll die Überlassung weiter Bestand haben und allenfalls als Vorausleistung auf einen etwa geschuldeten Zugewinnausgleichsanspruch gelten (§ 1380 BGB), oder soll dem Zuwendenden ein Recht auf Rückforderung zustehen mit der Folge, dass der andere Ehegatte an etwaigen Wertsteigerungen z.B. über das Zugewinnausgleichsverfahren beteiligt wird oder aber dass (aufgrund ehevertraglicher Vereinbarung) lediglich dessen tatsächliche Eigeninvestitionen abgegolten werden sollen? Ein allgemeines „gesetzliches“ Rückforderungsrecht bei Scheitern der Ehe besteht (abgesehen von den immer streitbehafteten Fällen des „groben Undanks“ gemäß § 530 BGB) nicht, so dass hierzu eine vertragliche Lösung gefunden werden sollte.

III. Veräußerer mit Haftungsrisiken

Veräußerer mit wirtschaftlich risikobehafteter Tätigkeit (Unternehmer, Freiberufler mit Haftungsrisiken, Existenzgründer mit hohem Finanzierungsbedarf etc.) sind häufig bestrebt, wichtige Vermögensteile vor einem etwaigen künftigen Zugriff der Gläubiger zu schützen.

Solche Übertragungen sind allenfalls erfolgversprechend, wenn sie deutlich vor Eintritt der Krise stattfinden (bei späterer Insolvenz oder erfolglosen Pfändungsversuchen eines Gläubigers besteht eine maximal vierjährige Anfechtungsfrist).

Ferner muss in diesem Fall das Augenmerk darauf gelenkt werden, dass nicht der Veräußerer sich seinerseits pfändbare Gegenleistungen vorbehält, wie etwa in Gestalt von Rentenzahlungen oder einem Nießbrauchsrecht; ungefährlich ist jedoch der Vorbehalt eines nicht übertragbaren Wohnungsrechts.

IV. Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen

In ähnlicher Weise werden Überlassungen vorgenommen mit dem Ziel, Pflichtteilsansprüche zu reduzieren: Durch rechtzeitiges Ausscheiden aus dem Nachlass sollen sich die Ansprüche pflichtteilsberechtigter anderer Personen (hierzu zählen Eltern, Ehegatten und Kinder, auch und insbesondere nichteheliche oder ersteheliche Kinder) nur noch auf das »Restvermögen« beziehen, das beim Ableben noch vorhanden ist. Die »Wartefrist« beträgt hier gemäß § 2325 BGB nicht nur vier, sondern zehn Jahre, und auch diese lange Frist beginnt nicht zu laufen, solange sich der Veräußerer wesentliche Nutzungen (etwa in Gestalt eines Nießbrauchs) vorbehalten hat, sowie wenn der Veräußerer Vermögenswerte an seinen Ehegatten übertragen hat (aus Sicht des Gesetzgebers wirtschaften Ehegatten „aus einem Topf“). Stirbt der Veräußerer ohne dass die genannte Zehn-Jahres-Frist seit der Schenkung bereits vollständig abgelaufen wäre, reduziert sich aber immerhin der Pflichtteilsergänzungsanspruch anderer Personen um 10 % für jedes abgelaufene Zeitjahr (sofern die Frist überhaupt angelaufen ist, also nicht bei Schenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt und nicht bei Schenkungen unter Ehegatten!).

Die „pflichtteilssichere“ Formulierung der Gegenleistungen erfordert genaue Beratung durch den Notar, die dieser naturgemäß nur leisten kann, wenn ihm die Übertragungsmotive offengelegt werden. Außerdem kann eine Schenkung auch zur Reduzierung des künftigen Pflichtteilsanspruchs des Beschenkten selbst gegenüber dem Schenker eingesetzt werden (wobei diese Anrechnung spätestens bei der Zuwendung ausdrücklich angeordnet werden muss – Pläne, die Anrechnung auch nachträglich in Testamentsform, also heimlich, zuzulassen, wurden im Rahmen der Erbrechtsreform 2010 nicht umgesetzt).

V. Versorgungsvertrag

Beim sog. „Versorgungsvertrag“ steht die finanzielle Versorgung des Veräußerers im Vordergrund, insbesondere durch regelmäßige Geldzahlungen des Erwerbers („Rente“), die jedoch – anders als bei einem Kaufvertrag auf Rentenbasis – nicht in kaufmännischer Weise mit dem realen Wert des Vertragsgegenstands abgewogen sind, sondern auf Lebenszeit oder aber bis zum Renteneintritt des Veräußerers geschuldet werden und sich der Höhe nach entweder nicht verändern („Leibrente“) oder aber an persönlichen Faktoren wie der Leistungsfähigkeit des Erwerbers oder dem Bedarf des Veräußerers orientieren („dauernde Last“).

In diesem Zusammenhang ist die Kenntnis der steuerlichen Erfordernisse für die Abzugsfähigkeit solcher wiederkehrender Leistungen beim Erwerber (vgl. die Hinweise in Teil G.zum  Stichwort „Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen“) von besonderer Bedeutung. In seiner Verfügung über den Gegenstand ist der Erwerber jedoch typischerweise frei; er schuldet die Versorgungsleistungen häufig auch dann weiter, wenn er aus dem überlassenen Gegenstand keine Einkünfte (mehr) erzielt oder diesen bereits veräußert hat.


C. Vertragsgegenstand

Mögliche Gegenstände lebzeitiger Vermögensübertragung in bezug auf Grundstücke können Grundstücke (dann samt allen darauf stehenden Baulichkeiten), Eigentumswohnungen, Erbbaurechte (d. h. lediglich das Gebäude unter Eintritt in den Erbbaurechtsvertrag) sowie Teilflächen von Grundstücken sein; in letzterem Fall muss jedoch vor einer Umschreibung im Grundbuch die wegzumessende Fläche (die auch alle darauf stehenden Gebäude mit umfasst) durch Vermessung abgetrennt werden. Eine einzelne Wohnung in einem Gebäude kann nur dann Gegenstand der Überlassung sein, wenn sie nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes als getrenntes Eigentum in einem eigenen Grundbuchblatt gebucht wird, andernfalls kann nur das gesamte Anwesen übertragen werden und beispielsweise an einer bestimmten Wohnung ein Wohnungsrecht „zurückbehalten“ werden.

Nicht selten wird nicht Grundbesitz unmittelbar übertragen, sondern Geldmittel mit der unmittelbaren Auflage, diese zweckgebunden zum Erwerb einer bestimmten Immobilie oder zur Errichtung eines bestimmten Anwesens zu verwenden. Man spricht in diesem Fall von einer „mittelbaren Grundstücksschenkung“, d. h. beim „Schenker“ fließt zwar Geld ab, beim Erwerber kommt allerdings nicht Geld, sondern ein Grundstück oder ein errichtetes Gebäude an. In schenkungssteuerlicher Hinsicht war diese Variante bis Ende 2008 vorteilhaft, weil sie wie die Schenkung einer Immobilie bewertet wird und damit günstiger war als eine unmittelbare Geldschenkung, die stets zum vollen Nominalbetrag angesetzt wird. Da seit 2009 auch bei Immobilien die vollen Verkehrswerte angesetzt werden, sind mittelbare Schenkungen nur noch begrenzt attraktiv (immerhin führen sie bei zu Wohnzwecken vermieteten Immobilien zu einer Reduzierung um 10 v.H., da dort ein Verschonungsabschlag in dieser Höhe gewährt wird).


D. Gegenleistungen und Vorbehalte

Selten handelt es sich um eine „glatte“ Schenkung ohne jede Auflage, Gegenleistung oder sonstigen Vorbehalt. Viel häufiger wird sich der Veräußerer Nutzungsrechte (Nießbrauch bzw. Wohnungsrecht), Geldzahlungen oder Dienstleistungen vorbehalten. Wenn diese Rechte mehreren Personen zustehen, ist deren Gemeinschaftsverhältnis näher auszugestalten.

I. Nießbrauch

Der Nießbraucher „genießt den Gebrauch“ (daher der Name) der überlassenen Sache weiterhin, d. h. er ist zur umfassenden Selbstnutzung oder Vermietung auf eigene Rechnung berechtigt. Der Nießbrauch wird im Grundbuch eingetragen; er ist nicht vererblich und (mit Ausnahmen) nicht übertragbar. Der Vorbehalt der Nutzung erstreckt sich in der Regel auf das gesamte Anwesen samt Gebäude; es können zwar einzelne Grundstücksteile (mit darauf stehenden Baulichkeiten) ausgenommen werden, nicht jedoch einzelne Gebäudeteile (z.B. Wohnungen). Der Nießbrauch und die aus ihm fließenden Erträge (insbesondere Mietzinsen bei Fremdvermietung des Anwesens) sind pfändbar. Hinsichtlich der mit dem Objekt verbundenen Lasten sieht das Gesetz vor, dass der Nießbraucher die gewöhnliche Unterhaltung und die »Kleinreparaturen« trägt, ferner die Verzinsung bestehender Schulden, während der Eigentümer für die Tilgung dieser Verbindlichkeiten, für die außerordentliche Abnutzung sowie für „Großreparaturen“ (z.B. Dach, Heizung etc.) verantwortlich ist. Die laufenden öffentlichen Lasten (z.B. Grundsteuer, Brandversicherungsprämie) trägt der Nießbraucher, die außerordentlichen Lasten (z.B. Erschließungskosten) trägt der Eigentümer. Aus steuerlichen Gründen wird häufig von dieser Verteilung abgewichen, damit im Fall der Fremdvermietung der Nießbraucher alle Lasten, die er als Werbungskosten absetzen kann, auch tatsächlich zu tragen hat. Beim sogenannten „Vorbehaltsnießbrauch“ zugunsten des Veräußerers, der bei der Übertragung „zurückbehalten“ wird, kann der Veräußerer sogar weiterhin die Gebäudeabschreibung geltend machen, obwohl er nicht mehr Eigentümer ist! Wenn eine abweichende Tragung aller Kosten zu Lasten des Nießbrauchers vereinbart wird, bleibt „wirtschaftlich“ alles beim Alten.

II. Wohnungsrecht

Das Wohnungsrecht bleibt insoweit hinter dem Nießbrauch zurück, als es grundsätzlich nur zur Selbstnutzung (samt Gästen, Angehörigen etc., soweit nicht anders vereinbart) berechtigt. Anders als der Nießbrauch kann das Wohnungsrecht auf bestimmte Teile eines Gebäudes beschränkt werden; dies ist sogar die Regel. Die zur ausschließlichen Nutzung vorgesehenen Räume und die zum gemeinsamen Gebrauch bestimmten Bereiche (Küche, Keller, Garten etc.) müssen im Vertrag genau bezeichnet werden. Der Erwerber schuldet grundsätzlich nur die Duldung des Wohnens, jedoch kein aktives Tun (anders, wenn er im Vertrag zugleich zur Erhaltung des Anwesens in gut bewohnbarem und beheizbarem Zustand verpflichtet wird). Typischerweise trägt der Wohnungsberechtigte seine Verbrauchskosten und die Schönheitsreparaturen (neue Tapete, neuer Teppich etc.) in seinem Bereich selbst, alle anderen Lasten, insbesondere auch die hausbezogenen Kosten (Grundsteuer etc.) trägt der Eigentümer. Dankbar ist jedoch auch, dass der Wohnungsberechtigte (aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung) eine mietähnliche »Nutzungsgebühr« entrichtet, häufig endet dann das Wohnungsrecht bei höheren Zahlungsrückständen. Wenn nicht anders geregelt, ist eine Untervermietung oder Weitervermietung durch den Wohnungsberechtigten ausgeschlossen; der Berechtigte kann aber seinen Ehegatten, Lebensgefährten und Gäste aufnehmen (es sei denn dieses Recht wäre ebenfalls in der Urkunde abbedungen). Das seiner Natur nach somit höchstpersönliche Wohnungsrecht ist nicht pfändbar und auch nicht auf den Sozialleistungsträger überleitbar. Es endet spätestens mit dem Tod, ferner bei endgültigem Auszug, wenn keine Rückkehr mehr denkbar ist, nicht aber bei vorübergehendem Verlassen der Wohnungsräume.

III. Wiederkehrende Geldzahlungen

Wiederkehrende Geldzahlungen sind häufig in Überlassungsverträgen vorgesehen, die zugleich der Versorgung der Veräußerer dienen sollen. Der Vertrag muss in diesem Fall genau regeln, in welchem Rhythmus die Zahlungen fällig werden (monatlich, quartalsweise etc.), ob diese ihrer Höhe nach unabänderlich sind oder aber sich beispielsweise an die Inflationsrate anpassen (sogenannte »Indexierung« gemäß der Gesamt-Lebenshaltungskosten aller privaten Haushalte in Deutschland) oder aber ob eine angemessene Anpassung verlangt werden kann, wenn z.B. der Bedarf der Veräußerer steigt oder aber die Leistungsfähigkeit des Erwerbers sinkt (sogenannter »Vorbehalt des § 239 FamFG«, vor 2009: des »§ 323 ZPO«). Solche Regelungen müssen allerdings hinsichtlich ihrer tatsächlichen Auswirkungen genauer geprüft werden (bei einem späteren Heimaufenthalt der Veräußerer erhöht sich z.B. deren Bedarf um das Vielfache!), ebenso hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen: Unter bestimmten Voraussetzungen können solche Zahlungen vom Erwerber abgesetzt werden, müssen dann aber vom Veräußerer auch versteuert werden (siehe Abschnitt VII. 2.) Zu regeln ist schließlich, ob zur Sicherung der Zahlungsverpflichtung Eintragungen im Grundbuch (z.B. eine Grundschuld, die bei Einstellung der Zahlungen zur Verwertung der Immobilie berechtigt) erfolgen sollen.

IV. Naturalleistungen

Naturalleistungen werden insbesondere im Rahmen eines sogenannten „Leibgedings“ oder „Altenteils“ in Form von Dienstleistungen und Handreichungen vereinbart. Es handelt sich beispielsweise um

  • Besorgungen und Fahrdienste,
  • hauswirtschaftliche Verrichtungen (Säubern der Wohnung, Zurichten der Wäsche, Zubereitung der Mahlzeiten)
  • sowie um pflegerische Versorgungs- und Pflegeleistungen (Körperpflege, Grund-Krankenpflege ohne medizinische Verrichtungen).

Auf staatliche Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz, die ja durch Beitragszahlungen erkauft sind, wirken sich solche vertraglichen Dienstleistungsansprüche nicht negativ aus; anders verhält es sich möglicherweise bei Bezügen nachrangiger Sozialleistungen, etwa im Bereich der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII (früher Sozialhilfegesetz). Im einzelnen sollte hier nach persönlicher Beratung mit dem Notar eine allen Seiten gerecht werdende Formulierung gefunden werden. Da die staatlichen Leistungen im Pflegefall nach dem Pflegeversicherungsgesetz im Wesentlichen erst ab Pflegegrad 2 beginnen, andererseits die körperliche und zeitliche Belastung des Erwerbers auch im Hinblick auf dessen eigene Familie und etwaige Berufstätigkeit nicht über Gebühr in Anspruch genommen werden soll, wird im Regelfall die Verpflichtung zur Erbringung von Pflege- und Krankenleistungen im eigentlichen Sinn auf den Leistungsumfang bis zum Erreichen des Pflegegrades 2 beschränkt. Diese Schwelle definiert sich allerdings nicht mehr wie vor dem 31.12.2016 (unter Geltung der sog. Pflegestufen) nach zeitlichen Kriterien (damals: bis zu durchschnittlich 90 Minuten Aufwand/Tag), sondern nach sog. „Defizitpunkten“ (hier: nicht mehr als 27 Punkte).

V. Mehrere Berechtigte

Bei einer Mehrheit von Berechtigten, also wenn beispielsweise Ehegatten das Anwesen gemeinsam übertragen und sich die vorstehenden Leistungen oder Nutzungen „gemeinsam“ vorbehalten wollen, oder aber wenn das Anwesen im Alleineigentum eines Ehegatten steht, dieser aber seinen Ehepartner ebenfalls mit absichern will, muss schließlich geklärt werden, in welchem Berechtigungsverhältnis beide zueinander stehen. Dabei sind auch steuerrechtliche und sozialrechtliche Aspekte zu beachten. (Beispiel: Werden Geldrenten zugleich an den Ehegatten erbracht, kann es sein, dass dieser dadurch die zulässige Einkommensgrenze von 425 Euro [bzw bei Minijob-Regelung 450 Euro] pro Monat überschreitet, so dass seine beitragsfreie Familienmitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung endet.) Relevant wird das Berechtigungsverhältnis auch, wenn es zu Streitigkeiten zwischen den beiden Berechtigten oder zwischen dem Berechtigten und dem Erwerber kommen sollte. (Beispiel: Steht der Anspruch beiden als „Gesamtberechtigten nach § 428 BGB“ zu, kann der Erwerber mit schuldbefreiender Wirkung auch an einen der beiden allein leisten; der andere Ehegatte geht zunächst leer aus und muss sich im Innenverhältnis an den Leistungsempfänger halten. Weiteres Beispiel: Wem soll das Wohnungsrecht zustehen, wenn sich die gemeinsam berechtigten Ehegatten scheiden lassen? Schließlich: Soll sich die Monatsrente verringern oder der Wohnungsbereich verkleinern, wenn einer der beiden Berechtigten verstirbt?) Auch wenn die Befassung mit diesen Themen nicht immer angenehm ist, müssen solche Aspekte im Notarvertrag, der sich ja gerade in der Krise bewähren muss, mitgeregelt werden.


E. Gesetzliche und vertragliche Rückforderungsrechte

Häufig soll die Grundstücksübertragung nicht unter allen Umständen und für jeden Fall eine endgültige sein. Vielmehr will sich der Veräußerer für bestimmte Fälle zumindest die Möglichkeit aufrechterhalten, das Grundstück samt Gebäude wieder zurückzuverlangen, zumal die gesetzlichen Rückforderungstatbestände nur sehr lückenhaft sind. Mit solchen Rückforderungsvorbehalten versucht der Veräußerer zugleich, auf bestimmte unliebsame Entwicklungen (z. B. Weiterverkauf; Vorversterben, Vermögensverfall oder Ehescheidung des Erwerbers) zu reagieren. Die nähere inhaltliche Ausgestaltung erfordert einige Überlegung.

I. Gesetzliche Rückforderungstatbestände

Gesetzliche Rückforderungstatbestände umfassen insbesondere den sogenannten »groben Undank (§ 530 BGB)« sowie spätere Verarmung des Schenkers (§ 528 BGB).

Ein Widerruf wegen groben Undanks kommt nur innerhalb eines Jahres nach einer »schweren Verfehlung«, die der Beschenkte sich gegenüber dem Schenker hat zuschulden kommen lassen und die zugleich auf eine »subjektiv tadelnswerte Gesinnung« schließen läßt, in Betracht. Ohne viel Phantasie lässt sich nachvollziehen, dass solche Fälle fast immer vor Gericht ausgestritten werden. (Beispiel: Die Eltern schenken eine Immobilie an die Tochter und den Schwiegersohn. Der Schwiegersohn »bricht aus der intakten Ehe aus«. Liegt hierin ein grober Undank nur gegenüber der Ehefrau oder auch gegenüber den Schwiegereltern?)Die Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers (§ 528 BGB) hat eine weitaus größere Bedeutung. Sie wird regelmäßig vom Sozialhilfeträger geltend gemacht, wenn der Veräußerer binnen zehn Jahren nach der Schenkung sich nicht mehr selbst unterhalten kann und nachrangige Sozialleistungen in Anspruch nimmt. (Der Rückforderungsanspruch, den der Veräußerer selbst gegen seine Kinder kaum geltend machen wird, geht dann auf den Sozialleistungsträger bzw. die Stelle zur Gewährung des Arbeitslosengeldes II über) Ein solcher Sachverhalt tritt zumeist ein, wenn der Veräußerer wegen Verschlechterung seines Gesundheitszustands dauerhaft in einem Heim untergebracht werden muss. Der Anspruch ist nicht auf Rückgabe des zugewendeten Anwesens in Natur gerichtet, sondern auf monatliche Zahlung der »Unterhaltslücke« durch den Beschenkten, so lange bis der Netto-Wert der Zuwendung aufgezehrt ist. Der Beschenkte kann sich dabei nicht darauf berufen, dass er zur Erbringung der monatlichen Zahlung nicht genügend leistungsfähig sei. Der Rückforderungsanspruch bzw. die Wertausgleichszahlung, die in dessen Erfüllung geschuldet werden, gehen gesetzlichen Unterhaltstatbeständen vor: Zunächst also wird die Zuwendung »von Staats wegen rückabgewickelt«, erst dann werden gegebenenfalls andere Geschwister aufgrund ihres Einkommens herangezogen.

Der Rückforderungsanspruch kann nicht durch Vertrag ausgeschlossen werden. Allerdings gewährt der BGH dem Beschenkten ein Wahlrecht zwischen der monatlichen Zahlung der Unterhaltsrente, einerseits, und der Rückgabe des zugewendeten Gegenstands selbst gegen Erstattung der von ihm erbrachten Investition, andererseits.

II. Vertragliche Rückforderungstatbestände

Die Aufnahme vertraglicher Rückforderungstatbestände wird aufgrund der nur sehr begrenzten gesetzlichen Regelung (oben 1) häufig gewünscht sein. Dies ermöglicht es zugleich, den Erwerber in gewisser Hinsicht zu »disziplinieren« und zugleich die »Geschäftsgrundlage« der Übertragung festzuschreiben. Ein jederzeitiges, freies Widerrufsrecht ist unüblich geworden, es ist jederzeit (sonst nur eingeschränkt) pfändbar bei Betriebsvermögen und bei vermieteten Immobilien wohl auch steuerschädlich. Häufig vereinbarte Sachverhalte, die dem Veräußerer zumindest ein Recht zur Rückforderung der Immobilie geben, sind beispielsweise

a) die Veräußerung des Anwesens ohne schriftliche Zustimmung des Übergebers (Da der Erwerber ja als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wird, könnte er theoretisch am nächsten Tag die Immobilie, allerdings unter Fortbestand der vorbehaltenen Rechte und Nutzungen, weiterverkaufen!)

b) die sonstige Weiterveräußerung, auch Schenkung, der Immobilie ohne Zustimmung des Übergebersc) die Belastung der Immobilie ohne Zustimmung des Übergebers (Damit soll verhindert werden, dass sich der Erwerber finanziell »übernimmt« und das Anwesen daher später versteigert werden muss.)

d) die Pfändung der Immobilie von dritter Seite (Dadurch können allerdings nur Zwangsversteigerungen abgewendet werden, die nicht aus einem schon derzeit eingetragenen Grundpfandrecht stattfinden.)

e) das Versterben des Erwerbers vor dem Veräußerer (Die überlassene Immobilie fällt in den Nachlass und steht damit denjenigen Erben zu, die der Erwerber in seinem Testament gegebenenfalls benannt hat, andernfalls den gesetzlichen Erben, z.B. seiner Ehefrau und den Kindern. Wenn der Übergeber damit nicht einverstanden ist, insbesondere also vermeiden möchte, dass die Schwiegertochter/der Schwiegersohn z.B. nach Wiederheirat anderweitig über das Objekt verfügt, kann er mit Hilfe der Rückforderungsklausel das Objekt wieder aus dem Nachlass an sich ziehen.)

f) Auch wenn die Ehe des Erwerbers geschieden wird und nicht z.B. durch Ehevertrag sichergestellt ist, dass der Schwiegerpartner im Rahmen des Zugewinnausgleichs keine Ansprüche auf die Wertsteigerung der Immobilie erhebt, sondern allenfalls die tatsächlich von ihm getätigten Investitionen zurückerhält, kann eine Rückforderungsklausel hilfreich sein; sie schützt in diesem Fall den Erwerber vor den Risiken seiner eigenen Ehe.

g) Im Übrigen kommen zahlreiche weitere Rückforderungstatbestände in Betracht, die jeweils im Einzelfall erörtert werden sollten. (Beispiele: Der Erwerber bricht eine Berufsausbildung ab, er wird Mitglied einer verfassungsfeindlichen Organisation oder einer Sekte, er bewohnt das Anwesen nicht mehr selbst, er wird nicht nur vorübergehend geschäftsunfähig etc.)

h) Denkbar sind weiter Rückforderungsvorbehalte, die an das Entstehen von Schenkungsteuer (z.B. oberhalb einer akzeptierten »Opfergrenze«) oder an den künftigen Wegfall der Schenkungsteuer überhaupt (etwa als Folge neuerlicher Verfassungswidrigkeit) anknüpfen. Diese Regelung macht sich den Umstand zunutze, dass bei Ausübung eines solchermaßen vorbehaltenen Rückforderungsrechtes sowohl die Steuer für die (aufgehobene) Schenkung erstattet als auch für die »Rückabwicklung« keine neue Steuer erhoben wird (§ 29 ErbStG).

III. Detailausgestaltung

Die Detailausgestaltung der Modalitäten und Konsequenzen einer Ausübung des Rückforderungsrechts muss ebenfalls festgelegt werden. Im Regelfall handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht, das binnen einer gewissen Frist nach Kenntnis vom auslösenden Umstand ausgeübt werden muss, und das nicht vererblich ist (zur Verlängerung der Schutzwirkung ist aber zu erwägen, das Rückforderungsrecht doch zumindest für einen Sterbefall vererblich zu stellen, oder es aufschiebend bedingt auf den ersten Sterbefall an Zweitbegünstigte abzutreten). Bei Durchführung der Rückabwicklung sind sodann nur die vom Erwerber tatsächlich getätigten werterhöhenden Investitionen mit ihrem noch vorhandenen Zeitwert rückzuvergüten, soweit sie mit Zustimmung des Übergebers vorgenommen wurden, nicht jedoch beispielsweise laufende Aufwendungen und »aufgedrängte Luxussanierungen«. Der bedingte Anspruch auf Rückforderung sollte auf jeden Fall im Grundbuch durch eine Vormerkung gesichert werden, damit der Anspruch gegebenenfalls auch gegen Rechtsnachfolger (etwa im Fall des abredewidrigen Verkaufs an einen Dritten) durchgesetzt werden kann. Wichtig ist in diesem Rahmen auch der Rang der Vormerkung, insbesondere im Verhältnis zu Grundpfandrechten. Vor einem Rangrücktritt sollte daher auf jedem Fall die Beratung eines Notars in Anspruch genommen werden.


F. Weichende Geschwister und Pflichtteilsrechte

Überlassungen dienen häufig der Vorwegnahme der Erbfolge. Es stellt sich die Frage, ob der Veräußerer dadurch im Übrigen frei wird, wie er mit seinem Restbesitz verfährt (also das Problem des möglichen Pflichtteilsrechts des Erwerbers). Wenn andere Geschwister des Erwerbers vorhanden sind, ist häufig von Interesse, ob diese kraft Gesetzes Ausgleichsansprüche gegen den Erwerber geltend machen können bzw. wie eine mögliche vertragliche Ausgleichspflicht gestaltet sein könnte.

I. Das Pflichtteilsrecht des Erwerbers

Eltern, Ehegatten und Abkömmlinge sind beim Tod einer Person pflichtteilsberechtigt, wenn sie entweder nicht zum Erben eingesetzt sind, oder aber wenn durch lebzeitige Schenkungen während der letzten zehn Jahre (bei Vorbehalt eines Nießbrauchs auch länger, vgl. oben II. 4.) der Nachlass um mehr als die Hälfte gemindert wurde. Regelmäßig wollen Veräußerer aufgrund der Überlassung in der Lage sein, mit ihrem restlichen Vermögen, z.B. den Ersparnissen, frei zu verfügen, also beispielsweise den überlebenden Ehegatten als Erben einzusetzen. Es empfiehlt sich dann, einen ausdrücklichen Pflichtteilsverzicht des Erwerbers gegenüber dem Veräußerer, gegebenenfalls auch gegenüber dessen Ehegatten, in die Urkunde aufzunehmen oder aber zumindest zu vermerken, dass die Zuwendung als »Vorausleistung« auf etwaige künftige Pflichtteilsansprüche zu werten ist, so dass diese regelmäßig dadurch »aufgezehrt« werden.

II. Gesetzliche Ausgleichsansprüche

Gesetzliche Ausgleichsansprüche von weichenden Geschwistern bestehen nur in sehr engen Grenzen: Die Frage eines „Zwangsausgleichs“ stellt sich gesetzlich erst nach dem Tod des Veräußerers, und zwar allenfalls dann, wenn dieser nicht mehr zehn Jahre ab der Zuwendung gelebt hat. (Die Zehnjahresfrist verlängert sich – wie oben II. 4. vermerkt – bei Vorbehalt wesentlicher Nutzungsrechte, etwa eines Nießbrauchs; läuft die Frist an, reduziert sich aber seit 2010 der Anspruch immerhin um 10 % pro seit der Schenkung abgelaufenem Zeitjahr.) Unter Umständen können dann weichende Geschwister innerhalb von drei Jahren nach dem Ableben des Veräußerers sogenannte »Pflichtteilsergänzungsansprüche (§ 2325 BGB)« geltend machen, sofern nämlich durch die lebzeitige Vorwegübertragung ihr Anteil am Nachlass um mehr als die Hälfte geschmälert wurde. Der Anspruch richtet sich darauf, zumindest den Pflichtteil (also die Hälfte des gesetzlichen Erbanteils) aus dem Nachlass zu erhalten, der fiktiverweise bestehen würde, wenn die frühere Schenkung dem tatsächlichen Nachlass hinzugerechnet wird. Der Anspruch richtet sich gegen den Erben, bei Erschöpfung des Nachlasses gegen den Beschenkten.

Diese ungewisse, insbesondere auch von der Lebensdauer des Veräußerers abhängende Rechtslage besteht allerdings nur dann, wenn keine ausdrückliche einvernehmliche Regelung getroffen wird. Bei intakten Familienverhältnissen wird es sich häufig so verhalten, dass die Geschwister mit der Überlassung, die im Familienkreis besprochen wurde, einverstanden sind und daher mit Wirkung auch für ihre Abkömmlinge in der notariellen Urkunde auf ihre Pflichtteilsergänzungsansprüche bezüglich des Vertragsobjekts verzichten können (sogenannter „gegenständlich beschränkter Pflichtteilsverzicht“). Dieser kann nur in notarieller Urkunde erfolgen. Er gibt dem Erwerber Gewissheit, dass er nicht später mit „Nachforderungsansprüchen“ seiner Geschwister konfrontiert wird.

III. Vertragliche Ausgleichsregelungen

Vertragliche Ausgleichsregelungen sind insbesondere dann häufig, wenn mehrere Geschwister vorhanden sind und nur eine Immobilie zur Verteilung zur Verfügung steht. Denkbar sind z.B. Ausgleichszahlungen, die bereits zu Lebzeiten des Veräußerers fällig werden (deren Höhe in der Regel frei vereinbart wird, jedoch deutlich unter dem anteiligen Verkehrswert der Immobilie liegt und deren Fälligkeit in der Regel auf mehrere Raten gestundet ist). Teilweise werden solche Ausgleichsansprüche zwar dem Grunde nach vereinbart, ihre Fälligkeit aber von bestimmten Krisenumstanden abhängig gemacht (Scheidung des Bruders, Verlust des Arbeitsplatzes etc.)

Schließlich kann sich der Veräußerer auch damit begnügen, im Verhältnis unter mehreren Abkömmlingen als gesetzlichen Miterben eine erbrechtliche Ausgleichspflicht zu schaffen (untechnisch gesprochen: „Anrechnung auf den Erbteil“), so dass bei der Verteilung des Restnachlasses zunächst die Geschwister zum Zug kommen, bis alle Kinder untereinander gleichgestellt sind. Sollte allerdings kein ausreichender Restnachlass mehr zur Verfügung stehen, wäre der Erwerber der Immobilie gegenüber den Geschwistern nicht zum „Nachschlag“ verpflichtet.


G. Steuerrechtliche Hinweise

Die nachstehende kurze Übersicht kann die detaillierte Beratung durch einen Steuerberater oder die Einholung einer verbindlichen Auskunft des Finanzamts nicht ersetzen!

I. Schenkungsteuer

Die Schenkungsteuer fällt grundsätzlich in gleicher Höhe an, wie sie bei der Vererbung erhöhen würde (Erbschaftsteuer), allerdings stehen die persönlichen Freibeträge alle zehn Jahre erneut zur Verfügung. Durch Verteilung der Vermögensübergabe auf mehrere Zeitabschnitte kann also deutlich Steuer gespart werden.

Die persönlichen Freibeträge belaufen sich ab 2009 für Ehegatten und gleichgeschlechtlich Verpartnerte auf 500.000 Euro, für Kinder (gegenüber jedem Elternteil) auf je 400.000 Euro, für Enkel (gegenüber jedem der vier Großelternteile!) auf je Euro 200.000 Euro, und für Eltern beim Erbschaftserwerb auf je 100.000 Euro; für Eltern bei Schenkungen, sowie für Geschwister und sonstige, entfernte oder nicht verwandte Personen auf 20.000 Euro.

Immobilien werden nicht mehr (wie bis Ende 1995) mit dem Einheitswert, ebenso wenig (wie bis Ende 2008) mit dem Bedarfswert (grob gesprochen dem 12,5-fachen Jahresmietwert abzüglich Altersabschlägen) bewertet, sondern mit dem Verkehrswert („gemeinen Wert“). Dies bedeutet beispielsweise, dass unbebaute Grundstücke vom Finanzamt nach der sogenannten »Bodenrichtwertkarte« eingewertet werden; bei bebauten Immobilien wird der Verkehrswert für Ein- oder Zwei-Familien-Häuser sowie Eigentumswohnungen nach dem Vergleichswertverfahren, hilfsweise dem Sachwertverfahren, hingegen für Mietwohn-, Geschäfts- oder gemischt genutzte Immobilien nach dem Ertragswertverfahren ermittelt; der Steuerpflichtige kann jedoch stets durch ein Sachverständigengutachten den abweichenden tatsächlichen Wert nachweisen. Auch bei Betriebsvermögen gilt das Vergleichswertverfahren, ersatzweise das Ertragswertverfahren, wobei jedoch mindestens das Ergebnis des Sachwertverfahrens anzusetzen ist.

Belastungen (Schulden, aber auch etwa gewährte bzw. vorbehaltene Nutzungs- oder Nießbrauchsrechte etc.) werden abgezogen. Im einzelnen sind dies sehr komplexe und streitanfällige Bewertungsvorgänge.

Grunderwerbsteuer würde zwar anfallen für diejenigen Gegenleistungen und Vorbehalte, die bei der Schenkungssteuer als Minderung berücksichtigt wurden; da jedoch Übertragungen an Verwandte in gerader Linie, also an Kinder sowie an Ehegatten, grunderwerbsteuerfrei sind, scheidet eine solche Besteuerung bei Überlassung typischerweise aus. Sie kann jedoch anfallen z.B. bei Übertragungen in der Seitenlinie (von Tante an Nichte) oder an Dritte (an das Patenkind).

II. Einkommensteuer

In einkommenssteuerlicher Hinsicht stellt sich eine ganze Reihe von teilweise sehr schwierigen Fragen:

a)

Handelt es sich bei dem überlassenen Grundstück um Betriebsvermögen einer selbständigen Tätigkeit, eines Gewerbebetriebs oder einer Land- und Forstwirtschaft (dies kann auch beispielsweise hinsichtlich eines freiberuflich genutzten Büros in einem sonst zu Wohnzwecken dienenden Gebäude der Fall sein oder bei sogenanntem Sonderbetriebsvermögen von Gesellschaftern einer OHG oder Kommanditgesellschaft), liegt in der privat motivierten Überlassung außerhalb der Betriebsübergabe eine sogenannte „Entnahme“, die zur Erhöhung des Gewinns durch die regelmäßig im Grundbesitz verkörperten stillen Reserven führt.

b)

Häufig wird ebenfalls übersehen, dass eine Grundstücksübertragung mit Gegenleistungen (Abstandszahlungen an den Veräußerer, Gleichstellungsgelder an weichende Geschwister, Schuldübernahmen) auch im Hinblick auf die „Spekulationsbesteuerung“ (Besteuerung privater Veräußerungsgeschäfte gemäß § 23 EStG) von Bedeutung sein kann. Die maßgebliche Frist zwischen Anschaffungs- und Veräußerungsvorgang wurde auf zehn Jahre verlängert.

Hinsichtlich des entgeltlichen Anteils einer Übertragung liegt bei vermieteten Immobilien, wenn der Zeitraum noch nicht abgelaufen ist, ein anteiliges Spekulationsgeschäft vor; hinsichtlich des unentgeltlichen Teils der Übertragung läuft die bisher vom Veräußerer zurückgelegte Frist jedoch weiter.

Lediglich bei vermieteten Immobilien, die vollständig unentgeltlich übertragen werden, oder solchen, die schon länger als zehn Jahre im Eigentum des Veräußerers standen, ferner bei Immobilien, die im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren selbst genutzt waren, stellt sich diese Problem mit Sicherheit nicht.

Erzielt der Erwerber aus der übertragenen Immobilie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (die Immobilie wird auch dann als in vollem Umfang vermietet anerkannt, wenn die Miete über zwei Drittel der ortsüblichen Miete beträgt, § 21 Abs. 2 Satz 2 EStG), kann er neben den sonstigen Werbungskosten, z.B. Schuldzinsen, Erhaltungsaufwendungen etc., die Abschreibung (AfA) geltend machen. Er führt insoweit bei rein unentgeltlichem Erwerb die AfA des Vorgängers fort; bei einem teilentgeltlichen Erwerb verwirklicht er eigene Anschaffungskosten, für die er eine neue AfA-Reihe in Gang setzt. Gegenleistungen mit Entgeltcharakter in diesem Sinn sind z.B. Einmalzahlungen an den Veräußerer, die Übernahme auf dem Objekt ruhender Schulden, Gleichstellungsgelder an Geschwister sowie Rentenzahlungen an den Veräußerer, wenn es sich um sogenannte »Austauschrenten« handelt, die nach kaufmännischen Gesichtspunkten mit der Leistung abgewogen wurden, oder um »Zeitrenten«, die nicht auf Lebenszeit, sondern auf einen bestimmten, befristeten Zeitraum geschuldet sind.

c)

Von der Frage der Entgeltlichkeit (und damit dem Entstehen von Anschaffungskosten beim Erwerber, gegebenenfalls eines Veräußerungserlöses bei betrieblichem Vermögen in Gestalt des Veräußerers) zu unterscheiden sind wiederkehrende Versorgungsleistungen, die unter bestimmten Voraussetzungen beim Erwerber in voller Höhe als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abgezogen werden können, jedoch nach dem „Korrespondenzprinzip“ beim Veräußerer zu versteuern sind. Da der Erwerber typischerweise einer höheren Steuerprogression unterliegt, ist per Saldo damit eine steuerliche Privilegierung der lebzeitigen Vermögensübertragung verbunden. Die Rechtsprechung der Finanzgerichte hatte insoweit in großzügiger Weise das Sonderinstitut der „Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen“ geschaffen, dessen Anwendungsbereich jedoch durch das Jahressteuergesetz 2008 deutlich reduziert wurde.

Es muss sich um die lebzeitige Übertragung von Wirtschaftsgütern handeln:

  • Die (ggf. nach Umstrukturierung) für eine generationenübergreifende dauerhafte Anlage geeignet und bestimmt sind. Ab 2008 sind für Neufälle jedoch nur noch Betriebe, Teilbetriebe, Anteile an gewerblich tätigen Personengesellschaften, sowie mindestens 50 %ige Anteile an Kapitalgesellschaften zugelassen, so dass Vermögensübergaben gegen Versorgungsleistungen bei Privatvermögen ausscheiden.
  • Die vom Erwerber weiter gehalten werden, denn bei der Weiterveräußerung können sich schädliche Nachversteuerungen ergeben. Bei der Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen müssen Veräußerer und Erwerber als Geschäftsführer für diese Gesellschaft tätig sein.
  • Und bezüglich derer der Veräußerer oder dessen Ehegatte sich auf Lebenszeit Versorgungsleistungen (Geld oder Naturalzuwendungen) vorbehalten haben, die der Höhe nach geringer sind als der aus dem Objekt erwirtschaftbare Ertrag.

Im Einzelnen ist jedoch, wenn diese einkommensteuerlichen Aspekte eine wichtige Rolle spielen, eine detaillierte Prüfung notwendig, insbesondere zur Abgrenzung zu den steuerlich unbeachtlichen privaten Unterhaltsrenten (§ 12 Nr. 2 EStG) und zu Kaufpreisrenten, die zu Anschaffungskosten führen.





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